Trauma
Mit diesen Informationen über Traumata und ihre Folgen möchten wir sowohl Menschen erreichen, die wissen oder vermuten, dass sie ein Trauma erlitten haben, als auch Angehörige und Fachkräfte.
Für belastende Erfahrungen, die wir Menschen immer wieder in unserem Leben machen, ist unsere Seele in der Regel mit guten Verarbeitungsstrategien ausgestattet. Ein Trauma dagegen ist ein überwältigendes oder sogar lebensbedrohliches Ereignis, das unsere Seele zutiefst erschüttert und aus dem Gleichgewicht bringt. Meistens trifft uns ein traumatisches Ereignis unvorbereitet. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es unsere Verarbeitungsfähigkeiten bei Weitem übersteigt und ist fast immer mit starken Gefühlen von Ohnmacht, Ausgeliefertsein, Hilflosigkeit und Angst bis hin zu Todesangst verbunden.
Traumata können sein
- Naturkatastrophen
- Krieg
- Unfälle
- Verluste von nahen Bezugspersonen
- medizinische Eingriffe
- Entbindung
- Vernachlässigung in der Kindheit
- Psychische, physische, sexualisierte Gewalt
- Folter
- Organisierte und rituelle Gewalt
Menschen können unmittelbar davon betroffen sein oder auch als ZeugIn, HelferIn oder Angehörige.
In unserem Organismus löst ein traumatisches Erlebnis eine Stressreaktion aus, die uns in Alarmbereitschaft versetzen soll. Unsere natürliche Reaktion auf eine solche Bedrohung wäre Kampf oder Flucht. Aber genau diese beiden Reaktionsmöglichkeiten sind bei einem Trauma unmöglich. Wir können weder fliehen noch kämpfen, sondern sind der Situation ausgeliefert. Unsere Seele und unser Körper greifen in einer traumatischen Situation instinktiv auf besondere Notfallstrategien zurück, die uns helfen zu überleben. Die wichtigste dieser Notfallstrategien ist die Dissoziation. Wenn kämpfen nicht möglich ist und wir auch durch Flucht nicht entkommen können, dann ist nur noch eine "Flucht nach innen" möglich – und genau das bedeutet Dissoziation. Sie ist vergleichbar mit dem "Totstellreflex", den wir von Tieren kennen, und ist ein wirksamer Schutz vor Überflutung durch unerträgliche Gefühle. Dissoziation bedeutet gleichzeitig auch Abspaltung, Abspaltung von allem, was nicht ertragen werden kann. Teile des Traumas werden abgespalten, um uns vor Gefühlen wie Todesangst oder vor unaushaltbaren Schmerzen zu schützen. Dissoziation ist also eine Fähigkeit, die unser Überleben sichert.
Alle Menschen, die Traumatisierungen erlebt haben, entwickeln – meistens unbewusst – ihre ganz individuellen Überlebensstrategien. Einige davon werden mit dem Trauma im Laufe der Zeit fertig, ohne dabei krank zu werden. Ein Trauma ist eine Verletzung der Seele und ebenso wie körperliche Verletzungen brauchen auch seelische Wunden Pflege und Zeit, um zu verheilen. Bei vielen Menschen führen traumatische Verletzungen der Seele zu Problemen im weiteren Leben. Oft schämen diese Menschen sich für ihre Probleme, fühlen sich "verrückt" oder denken sie wären nicht "normal". Deshalb behalten sie ihre Probleme für sich, bleiben damit allein und suchen sich keine Unterstützung.
Wie und wie stark sich Traumatisierungen auf unsere Seele auswirken hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Unsere persönlichen Fähigkeiten ein Trauma zu bewältigen, können unterschiedlich ausgebildet sein, z. B. ob wir bereits früher Traumata erlebt haben, ob unsere derzeitigen Lebensumstände "sicher" sind, ob wir damit alleine bleiben oder Unterstützung bekommen.
- Es gibt Umstände, die die Bewältigung behindern und andere, die sie fördern können, wie z. B. ein verständnisvolles Umfeld oder hilfreiche professionelle Unterstützung.
- Für Kinder sind traumatische Erfahrungen am schlimmsten, da sie noch nicht über dieselben Schutz– und Verarbeitungsmechanismen wie Erwachsene verfügen.
- Ein einmaliges traumatisches Ereignis kann meistens besser verarbeitet werden als sich über Jahre wiederholende Traumata.
- Wenn ein Trauma durch äußere Faktoren, wie z. B. einen Unfall ausgelöst wird, kann es üblicherweise besser verkraftet werden als ein Trauma, das durch einen anderen Menschen verursacht wurde.
- Je enger die Beziehung zu dem Täter/der Täterin ist, wenn er/sie also aus dem sozialen Umfeld stammt, desto schwerer sind fast immer die Folgen der Traumatisierung.
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Alle Überlebensstrategien, die wir Menschen entwickeln, um traumatische Erfahrungen zu überleben, sind ganz normale Reaktionen auf eine völlig unnormale Situation.
Traumatische Erfahrungen sind besonders dadurch gekennzeichnet, dass man sich ohnmächtig, ausgeliefert und hilflos fühlt. Wir möchten Sie daher ermutigen, damit nicht alleine zu bleiben, sondern sich professionelle Unterstützung zu suchen.